Mittwoch, 26. Dezember 2012

Die spinnen, die Römer... ääh Indonesier


Ein sommerliches Hallo aus Indonesien.


Sonnenuntergang - vom Balkon aus.
Ein letzter Beitrag aus 2012 - auch wenn ich immer noch nicht fassen kann, dass das Jahr schon vorbei ist..
Lang lang ist's her. Wollte diesen Eintrag eigentlich schon längst verfassen, aber irgendwie fehlte mir die Energie und die Zeit. Da ich aber gerade krank bin, dachte ich, ich nutze die Zeit mal.
Nun, natürlich ist seit meinem letzten Post vieeel passiert. So viel, dass ich die Hälfte vermutlich vergessen werde. Aber ich geb mir Mühe.

Anfangen sollte ich wohl mit dem Ende von Idul Adha (das islamische Opferfest) und dem Raften Ende Oktober. Glücklicherweise habe ich das Schlachten des Bullen mal gekonnt verschlafen und meine family war so freundlich mich nicht zu wecken. Fotos hab ich mir trotzdem antun müssen - wie auch immer man auf die Idee kommt so ein Blutbad auch noch zu fotografieren.
An dem Sonntag sind wir dann jedenfalls Raften gewesen. Ein wunderbares Gefühl endlich mal wieder Wasser um mich zu haben. Da ich schon Kajakerfahrung habe, haben sich unsere Raftguides gleich mal gedacht, sie könnten mich in ein Miniraft/Schlauchboot als Steuerfrau setzen, vorne saß mein Bruder, der absolut keine Ahnung vom Wildwasser hatte. Nun ja, ich musste noch nie mit einem Stechpaddel ein Boot durchs Wildwasser manövrieren und erst recht nicht mit einem ahnungslosen Mitfahrer, der dazu auch noch nicht viel davon hielt auf meine Anweisungen zu hören. Trotzdem sind wir erstaunlich gut vorran gekommen. Nach einer Weile wurde es mir dann aber doch zu unsicher. Ich kannte den Fluss nicht und selbst unsere Guides haben noch häufig diskutiert, auf welcher Flussseite man denn fahren könnte. Also hab ich lieber den Steuerplatz an einen der Guides abgegeben und mich mit meinem Bruder abgewechselt: mal kleines Raft, mal großes. Spaß hats definitiv gemacht, auch wenn der Fluss ein wenig zu flach und steinig für ein Raft war. Und ich hab das Angebot bekommen nächstes mal Kajak zu fahren, bin ja schon gespannt, was für eine Ausrüstung mich da erwartet ;)
Soviel also zu dem Wochenende.

Auf der Arbeit erwartete Tina und mich dann im letzten Monat Gesine, die deutsche Gründerin. Waren wir doch vorher sehr gespannt (und auch ein wenig nervös), stellte sie sich als recht entspannt heraus. Sie brachte wieder ein wenig deutsche Disziplin in die Dinge, die während ihrer Abwesenheit immer etwas liegen bleiben. Und vorallem: sie brachte Brot! Zwar kein original deutsches, sondern balinesisches, weil sie eben gerade aus Bali kam, aber es schmeckte nach Brot und es hatte die Konsistenz von Brot. Auf richtigen Käse musste ich verzichten, der kostet hier ab 5 € aufwärts. Aber Frischkäse gabs erstaunlicherweise verhältnismäßig preiswert. Meine Mutter schaute schon mein Brot sehr verwundert an und ihr Kommentar zum Frischkäse war: "Was ist das? Ist das Mayo?" Willkommen in Indonesien.

Ich habe mich wie ein kleines Kind gefreut: BROT!

Während Gesine in Bogor war haben wir auch einen Basar Bintang - Sternebasar - abgehalten. Die Kinder sammeln während jeder Unterrichtsstunde Sterne, bis zu 15. Da wird die Pünktlichkeit, die Unterrichtsbeteilung und das Abschneiden bei Spielen mit einberechnet. Manchmal werden auch Punkte abgezogen oder extra Punkte vergeben. Die Sterne können sie dann normalerweise ungefähr alle zwei/drei Monate gegen Ware eintauschen. Da findet sich dann alles. Reis, Süßigkeiten, Instantnudeln, Zahnpasta, Schulhefte, Stifte, Öl, Kleidung, ein paar alte Handys (aus Deutschland), Schmuck, Taschen - einfach alles mögliche. Die Kinder werden dann immer schubweise reingelassen und haben ein paar Minuten Zeit ihre Taschen zu füllen. Und dann dürfen wir armen Tutoren und Freiwilligen ausrechnen, ob die Sterne denn überhaupt ausreichen. Falls noch was über bleibt, dürfen sie am Ende nochmal vorbei kommen. Ist ein ziemliches Chaos, aber gleichzeitig auch toll zu beobachten.
Ansonsten läuft aber die Arbeit wie immer. Es ist häufig schwierig Themen zu finden, muss ich mir halt alles selbst ausdenken. Vorallem weil man sich nie darauf einstellen kann, wie viele Schüler man hat. Von 1 bis 10 kann da alles bei sein. Und wir erfahren ja auch immer erst morgens, welche Klasse wir an dem Tag unterrichten werden. Flexibilität ist angesagt. Gelgentlich werden dann auch mal Klassen zusammengewürfelt, wahlweise weil sie zu klein sind oder weil kein Klassenraum mehr über ist und dank der Regenzeit man auch eher selten nachmittags draußen unterrichten kann. Und wenn der Regen zu heftig ist und man sich nicht mehr verstehen kann werden dann halt Pantomimespiele gespielt. Wie gesagt, man muss flexibel sein. ;)

Zum alltäglichen YCM-Leben kamen doch noch ein paar kleine Trips hinzu. Zum Beispiel sind wir mit einigen Schülern und Kollegen zu einem balinesischen Tempel und einem Wasserfall gefahren. Gerade mal eine Stunde von YCM entfernt, die meisten waren aber trotzdem noch nie da. Die Zeit konnten wir uns dafür nehmen, weil da gerade muslimisches Neujahr gefeiert wurde - ich glaube die bekommen hier 3-4 mal im Jahr für irgendwessen Neujahr frei. Es war ein ziemlich schöner Trip, vorallem weil in den Bergen angenehmere Temperaturen herrschen - für mich zumindest, alle anderen wars schon zu kalt.
Dazu kam noch, dass ich meine ersten Affen in freier Natur gesehen habe. Ich fands absolut grandios, die anderen eher nicht, erst recht nicht, nachdem einem Schüler der Reis von besagten Affen gestohlen wurde. ;)
Tempel - rein durften wir nicht, aber
trotzdem beeindruckend.

Wasserfall - mit kleinem Pool zum Baden
Irgendeine Zeremonie
Affen - hooray :D

Dann waren wir vor wenigen Tagen noch auf der 'Hidden-Bogor-Tour'. Zuerst stand der Besuch eines Museums an. Wirklich interessante Objekte aus der Zeit des Unabhängigkeitskrieges, jedoch absolut unstrukturiert. "Hier seht ihr eine Fahne, noch mit Blut drauf, dies sind erste Geldstücke und hier haben wir Zeitungen aus dieser Zeit, hier wiederum eine Nähmaschine, ach ja und dann noch ein paar japanische/indonesische/niederländische Waffen." Das hat es etwas verwirrend gestaltet - aber unsere Schüler haben großartige Übersetzer für uns abgegeben. Echt toll, wie gut die teilweise schon sind.

Danach gings zu einer Gong-Werkstatt. Viel zu warm und echt nur ein kleiner Schuppen, aber sehr interessant. Im Anschluss haben wir uns zu erst die Herstellung eines typisch indonesischen Instrumentes angesehen, dass einem Xylophon ähnelt und, nachdem wir Ewigkeiten durch die schmallsten Gassen der Slums gelaufen sind, auch noch die Herrstellung von Tofu. Leider habe ich an besagtem Tag meine Kamera zu Hause vergessen, deswegen gibts keine Bilder davon.

Dann haben wir noch eine neue Freiwillige, Hannah aus Australien. Sie hat irgendwas in Richtung creative writing studiert und hilft derzeit unsere website mal auf Vordermann zu bringen. Danach wird sie wohl in den Unterricht mit einsteigen und sich, logischerweise, auf creative writing konzentrieren. Freue mich schon sehr mit ihr zusammen zu arbeiten.

Samstags nehme ich immer noch an der Filmcommunity teil. So richtigen laufen tut die nicht. Dedeh, die Leiterin, hat zwar viele grandiosen Ideen, aber irgendwie absolut ohne Konzept. Und da wir meistens nur wenige Schüler haben, laufen wir letztlich doch nur durch die Gegend und machen Bilder, aus denen eigentlich noch was entstehen soll, aber dann landen sie doch wieder nur auf der Festplatte.
Eine der wenigen Ausnahmen war wohl unser Lightpainting-workshop. Wir haben uns mit einigen interessierten Schülern abends getroffen und mit meiner und der YCM-Kamera einen Haufen ziemlich guter Fotos geschossen. Die Schüler hatten super Ideen, die meistens sogar recht gut geklappt haben. Und ein paar Fotos konnten wir dann direkt für die welcoming-party für Hannah verwenden. Wird vermutlich nächstes Jahr wiederholt, aber meistens ist das Wetter einfach zu schlecht.

Lightpainting: fight!
Lightpainting
Neben YCM hab ich hier natürlich auch noch ein Leben. Das besteht zu meist daraus durch unterschiedlichste Malls zu wandern oder ins Kino zu gehen - kostet ja fast nichts. Da gönnt man sich dann auch mal Filme, für die man normalerweise nicht mal auf die Idee kommen würde Geld auszugeben. ;)
Dann haben wir hier noch ein paar nette Bars (die Auswahl ist gering), die wir abends ganz gerne mal besuchen. Da die meisten von uns aber eher etwas unentspanntere Familien haben, was das Weggehen angeht, sind diese Abende wesentlich kürzer, als sie es in Deutschland wären.
Und irgendwie ist es schon ganz witzig, wir 5 (mit dem Freiwilligen in Jakarta 6) sind alle ziemlich unterschiedliche Charaktere, aber man brauch halt gelegentlich schon mal ein paar Westler um sich. Und trotz der unterschiedlichen Charaktere sind wir uns in einer Sache einig: Die spinnen, die Indonesier.
Jedes Mal wenn wir uns treffen und uns mal wieder über skurille Erlebnisse austauschen, stellen wir das fest.
Da ist die total aufgedrehte Gastmutter von Matze, die mit ihrer weißen Gebetskleidung druchs Haus rennt, weil sie noch was erledigen muss. Da ist meine Gastfamilie, die mich häufig ungefähr im 5-Minuten-Takt fragt, ob ich schon gegessen habe, bis ich dann endlich was esse. Da sind die vielen Leute auf der Straße die einem wahlweise Mister/Misses (ob wir nun männlich oder weiblich sind spielt keine Rolle), Bule oder (in meinem Fall) Bob Marley hinterher rufen. Oder die Kollegen, die bei jedem männlichen Freund/Bekannten (vorallem wenns ein Weißer ist) davon ausgehen, dass man eine Beziehung mit ihm hat/haben will (selbst wenns nur facebook-freunde sind). Oder die 25-jährigen, die sich in Sachen Beziehung noch verhalten wie pupertierende Teenager. Oder Leute im Angkot, die einen ungelogen während einer 10-minütigen Fahrt auch gerne mal 10 Minuten lang anstarren als wäre man ein Tier.
Viele Dinge hier sind einfach toll, aber manchmal kann man nicht anders, da muss man einfach verwundert den Kopf schütteln und sich fragen, was in deren Köpfen vorgeht.

Und mein erster Urlaub stand an. Surabaya und Yogyakarta waren unsere Hauptziele. Von Surabaya habe ich nicht viel gesehen, aber so toll soll es auch nicht sein. Wir waren von Freitag bis Sonntag in Surabaya, haben einen Vergnügungspark besucht und 5 Stunden lang auf einer Insel nach einem gaanz besonderen Batikshop gesucht (erfolgreich, was so besonders war, habe ich aber nicht verstanden).
Samstag Abend habe ich mich mit meinem Gastvater in eine Disco gewagt. Schon merkwürdig genug mit meinem Gastvater loszugehen, aber gut. Manchmal geniesse ich es die Ausländerin in der Familie zu sein. Wie bereits vorher berichtet trinken meine Brüder Alkohol, ich darf das aber nicht unseren Eltern berichten (vermutlich können die sich das eh denken), nun, mein Vater hat sich direkt erstmal ein Bier bestellt - das wissen meine Brüder wiederum nicht. Und ich kann mich herrlich darüber amüsieren wie bescheuert das doch ist. :D
Der Disco-Besuch ansich war aber eher uncool. Zu dunkel, zu groß, zu laut und keiner am Tanzen.
Von Sonntag bis Mittwoch hieß es dann Yogya. Dort haben wir, für meinen Geschmack, viel zu viel Batik geshoppt - meine mum scheint total verrückt danach zu sein, zwei Tempel - Borobodur und Prambanan (beide Weltkulturerbe) besucht und meine persönlichen Favoriten: einen Vormittag am Strand verbracht und Quat gefahren, sau gut, sowie Gunung Merapi - einen wohl noch ziemlich aktiven Vulkan (letzter Ausbruch 2010) besichtigt. Wären wir bloß ein paar Tage später da gewesen, dann hätte ich den Weltuntergang tatsächlich auf einem Vulkan erleben können. ;)
Alles in allem ein ziemlich guter, aber anstrengender Trip. Und dank der ganzen Airconditioner - Flughafen, Auto, Hotel - habe ich mir prombt eine dicke Erkältung geholt. Jippieh.
Kart fahren.
Borobudur 
Prambanan

Ich bin am anderen Ende der Welt, umgeben von Palmen,
aber trotzdem hat mich das Meer an zu Hause erinnert..

Merapi (Feuerberg)

  
Angry Birds. Everywhere.

Und dann stand auch schon Weihnachten vor der Tür. Für mich hieß das vorallem: 3 Tage frei.
Gefeiert habe ich mit Hannah und ein paar unseren Kollegen. Ein australisch-deutsch-indonesisches public-holiday-lunch. War erstaunlich gut, auch wenn Hannah und ich ein wenig Angst hatten, dass wir am Ende alleine dasitzen. Mit den ganzen Muslimen und Weihnachten kann man sich hier nie so sicher sein, was die wirklich denken. Denn obwohl die Malls bis zum geht nicht mehr geschmückt sind & man überall Merry Christmas lesen kann, offiziel dürfen sie uns wohl nicht mal eine Frohe Weihnacht wünschen.

So, das wars jetzt aber auch, ein kurzer - viel zu langer - Überblick über die letzten Monate. Viele kleine Momente die ich euch noch gerne erzählen würde, aber dann würde es einfach zu viel werden..

Ich hoffe ihr hattet ein schönes Fest und kommt gut ins neue Jahr!
Ich melde mich dann aus 2013 wieder ;)
Britta

P.s.: Ein letztes noch. Vermutungen von Schülern & Kollegen über uns Deutsche:
Wir haben eine dickere Haut, weil wir ja im Winter nicht erfrieren.
Auf Grund der Kälte und des Schnees legen wir im Winter (mal eben so für drei Monate) alle Arbeit nieder. Man kann ja nicht rausgehen.
Zumindest letzteres würde wohl passieren, wenn sie hier Winter hätten. Meine Kollegin hat mir letztens, auf die Frage wo sie denn bleibt, geschrieben dass sie nicht zu Arbeit kann, weil es regnet. Um euch dran zu erinnern: Diese Stadt ist als Regenstadt bekannt. Wie gesagt: Willkommen in Indonesien.